Glückskette

Haiti: 10 Jahre nach dem schweren Erdbeben

Haiti: 10 Jahre nach dem schweren Erdbeben

12. Januar 2020, 07:29 Uhr
Wie geht es dem Land heute? Die Glückskette blickt zurück

Am 12. Januar 2010 wurde Haiti von einem Erdbeben der Stärke 7 erschüttert. Laut Schätzungen sind damals über 300'000 Menschen gestorben, Millionen wurden vertrieben oder obdachlos. Es gilt bis heute als das schlimmste Erbeben des 21. Jahrhunderts. Zehn Jahre nach der Katastrophe zieht die Glückskette nun Bilanz: Trotz vielen Schwierigkeiten sei die Arbeit der Glückskette ein Erfolg.

Das schwere Erdbeben in Haiti im Jahr 2010 hat auch die Menschen in der Schweiz bewegt. Bereits am ersten Tag des Spendenaufrufs konnte die Glücksketten Spendenversprechen von 22 Millionen Franken entgegennehmen. Schlussendlich beliefen sich die Spenden gar auf rund 66 Millionen Franken. Das ist, nach der Sammlung für die Tsunami-Opfer 2004, die zweitgrösste Sammlung in der Geschichte der Glückskette.

Was wurde mit den Spenden gemacht?

21 Hilfswerke haben bis 2018 insgesamt 91 Projekte umgesetzt, welche die Glückskette dank der grossen Solidarität der Bevölkerung in der Schweiz finanzieren konnte. In einer Wirkungsanalyse hat sich die unabhängige Beratungsfirma Key Aid Consulting mit den Projekten der Hilfskette auseinandergesetzt um geprüft, wie gut diese ausgeführt wurden und ob sie ihren Zweck erreicht haben. Dazu sind dutzende Interviews und Umfragen bei hunderten Haushalten gemacht worden.

Gemäss dieser Analyse haben 90% der befragten Haushalte angegeben, dass die von der Glückskette unterstützen Hilfsprojekte dazu geführt haben, dass die Menschen ihre Grundbedürfnisse abdecken und ihre Existenzgrundlage wiederherzustellen konnten.

Nachhaltige Hilfe zeigt Wirkung

Die Auswirkungen des Wiederaufbauprogramms der Glückskette sind auch heute noch spürbar: 92% der befragten Haushalte geben in der Befragung im Mai 2019 an, dass die wichtigste Veränderung ihres Lebens auf die von der Glückskette unterstützten Projekte zurückzuführen sei. „Wir waren selber überrascht, eine solch hohe Zufriedenheit zu messen,“ kommentiert Helene Juillard, Projektverantwortliche bei Key Aid Consulting, dieses Resultat, „aber die Faktoren dafür liegen auf der Hand: Die Mehrheit fühlt sich zum ersten Mal überhaupt sicher in ihren Häusern und vor Naturkatastrophen geschützt.“

2016 hat Wirbelsturm Matthew im Südwesten der Insel eine Spur der Verwüstung hinterlassen und dabei auch Gebiete des Wiederaufbaus gestreift. Die von der Glückskette finanzierten Häuser haben standgehalten, was die Menschen bisher noch nicht erlebt hatten. 75% der Haushalte nutzen ausserdem immer noch Wasserstellen, die von den Partnern der Glückskette saniert oder gebaut wurden.

Schwierige Lebensbedingungen

Auch wenn die Menschen gemäss der Befragung ihre Existenzgrundlage wiederherstellen konnten, so haben weitere Projekte - wie zum Beispiel berufliche Aus- und Weiterbildung - welche zum Aufbau des Lebensunterhalts beitragen sollten, aufgrund der wirtschaftlichen Lage, nicht den gewünschten Erfolg gebracht. So sind durch die Glückskette beispielsweise Ausbildungen finanziert worden, dennoch finden viele dieser Menschen keine Arbeit. Besonders durch die politischen Unruhen haben sich die Lebensumstände der Menschen in Haiti in den letzten Monaten wieder stark verschlechtert. Noch immer ist der Arbeitsmarkt schwach, dauerhafte Beschäftigungen haben nur die wenigsten. Grund für die Landesweiten Proteste ist die Wut viele Bürger gegen den Präsidenten. Dieser soll in einen Korruptionsskandal verwickelt sein und hat bei grossen Teilen der Bevölkerung den Rückhalt verloren.

Fazit der Glückskette

Die Ergebnisse der breit angelegten Wirkungsanalyse zeigen unter anderem auf, dass die humanitäre Arbeit der Partner der Glückskette von den betroffenen Familien und Gemeinden sehr geschätzt wird und der Einsatz der Spendengelder, welche dank der Solidarität der Bevölkerung in der Schweiz, etwas bewirkt. Insgesamt haben die Projekte ihre Ziele erreicht.

Ernst Lüber, Projektverantwortlicher bei der Glückskette, zieht denn auch eine positive Bilanz: “Wir sind sehr zufrieden mit der auf Haiti geleisteten Arbeit und ihre positive Wirkung auf das Leben der Begünstigten wird von den Resultaten dieser Evaluation bestätigt.“ Leider habe sich aber die Lebenssituation der Bevölkerung in Haiti im vergangenen Jahr aufgrund von gewalttätigen Protesten und Unruhen weiter gravierend verschlechtert. “Wir sind sehr besorgt über die prekäre Situation, welche ausserdem die aktuelle weiterführende Arbeit vieler Hilfswerke behindert und hoffen auf eine schnelle Rückkehr zur Normalität.”

Dank der ausserordentlichen Solidarität konnten die Betroffenen nachhaltig unterstützt werden. Wie wirkt diese Hilfe auch heute noch nach? Fünf Beispiele:

2'074 Häuser repariert und wiederaufgebaut: Die Partnerhilfswerke der Glückskette haben Tausenden Menschen ein Dach über dem Kopf gegeben. Zehn Jahre nach der Katastrophe leben gemäss einer Studie über die Wirksamkeit der Hilfe in Haiti 95 Prozent der Menschen noch immer in diesen Häusern und fühlen sich dort sicher.

4'040 Wasserspeicher eingerichtet: Eine der Prioritäten zum Schutz der Gesundheit nach einer Naturkatastrophe ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser. Mehr als drei Viertel der unterstützten Familien nutzen nach wie vor die nach dem Erdbeben wiederaufgebauten Wasserstellen.

27’500 medizinische Konsultationen durchgeführt: Das Erdbeben hatten zahlreiche Verletzte zur Folge, die medizinische Nothilfe benötigten. Die Schweizer Hilfswerke haben 3'300 Cholerapatienten versorgt und damit verhindert, dass sich die Krankheit ausbreitet. 100’000 Menschen konnten von Sensibilisierungsprogrammen zur Hygieneförderung profitieren, die auch heute noch eine wichtige Rolle in der Prävention von Epidemien spielen.

1'400 Familien beim Sichern ihrer Lebensgrundlage unterstützt: Saatgut, landwirtschaftliches Werkzeug und Zuchttiere, die verteilt wurden, ermöglichten es den betroffenen Familien, ihre Arbeit weiterzuführen und so weniger von der humanitären Hilfe abhängig zu sein.

869’000 Bäume gepflanzt: Aufforstung nützt der Natur, aber auch der Bevölkerung. In weniger als drei Jahrhunderten hat Haiti 98 Prozent seiner Vegetation verloren. Die gepflanzten Bäume schützen Wasserquellen und die von Erosion bedrohte Landwirtschaft.

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veröffentlicht: 11. Januar 2020 18:00
aktualisiert: 12. Januar 2020 07:29