Vernetzt: 20 Jahre Google - so sah Google früher aus
«Googeln» ist zu einem Synonym für die Internet-Suche geworden. Aber der vor 20 Jahren gegründete Konzern ist längst über die Suchmaschine hinausgewachsen - und löst neben Bewunderung auch Datenschutz-Ängste sowie Sorgen um den Wettbewerb aus.
Google hat die Welt verändert. Das sekundenschnelle Auffinden von Informationen im Internet ist in den vergangenen 20 Jahren dank der berühmten Formel des Konzerns zur Selbstverständlichkeit geworden.
Damit einher geht aber auch eine beispiellose Ansammlung von Informationen in der Hand eines Unternehmens - und eine Marktmacht, die vor allem in Europa verstärkt Aufseher auf den Plan ruft. Mit künstlicher Intelligenz, selbstfahrenden Autos und Gesundheitsforschung wollen Google und die Konzernmutter Alphabet ausserdem bei vielen
Zukunftstechnologien den Ton angeben.
Internet-Suchmaschinen gab es schon vor Google. Aber es war der neue Ansatz der Gründer Larry Page und Sergey Brin, der Google schnell nach vorn brachte. Ihre Idee: Nicht ein redaktionell gepflegter Web-Katalog sollte es sein, sondern eine smarte Suchmaschine. Die Relevanz einzelner Webseiten zeigt sich darin, wie oft auf sie verlinkt wird («Page Rank»).
Inzwischen spielen im von vielen Mitarbeitern weiterentwickelten Google-Algorithmus hunderte weitere Faktoren mit. Die erste Version ihrer Suchmaschine, die zunächst BackRub hiess, programmierten Page und Brin ab 1996 noch zuhause. Relativ schnell wurde sie in Google umbenannt - eine Anspielung auf das Wort «Googol», die mathematische Bezeichnung für eine 1 mit 100 Nullen.
«Tu nichts Böses»
Um einem Scheck über 100 000 Dollar von Sun-Microsystems-Mitgründer Andreas von Bechtolsheim einlösen zu können, wurde Google schliesslich am 4. September 1998 als Unternehmen registriert. Die Mission: Alle Informationen auf der Welt zu ordnen und für alle zugänglich zu machen. Das Credo, das inzwischen kaum noch Erwähnung findet: «Don't be evil» - tu nichts Böses. Als erstes Büro suchten sich Page und Brin standesgemäss eine Garage im Herzen des Silicon Valley. Ihre Vermieterin, Susan Wojcicki, führt heute die Videotochter YouTube.
Page war der erste Firmenchef - doch den Investoren war nicht wohl dabei, das schnell wachsende Geschäft den beiden noch nicht einmal 30-jährigen Gründern zu überlassen. So wurde 2001 der erfahrende Manager Eric Schmidt als eine Art «Erwachsenenaufsicht» zu Google geholt. Für zehn Jahre, bis ein gereifter Page wieder das Steuer übernahm, wurden die Geschicke von einer Art «Troika» gelenkt. Schmidt war zwar der Konzernchef - aber die Gründer hatten zum Beispiel die Freiheit, das Start-up hinter dem heute dominierenden Smartphone-System Android zu kaufen, wie er sich später erinnerte.
Genauso ausgefeilt wie der Suchmaschinen-Algorithmus war auch die Google-Idee, wie man damit Geld verdienen kann: mit kleinen Anzeigen im Umfeld der Treffer - die dazu passen, wonach der Nutzer sucht. Bezahlt werden muss nur, wenn die Werbung auch angeklickt wird, und der genaue Preis wird in einem Auktionsverfahren festgelegt.
Mit solchen Mini-Deals kann man mit der Grösse von Google Milliarden scheffeln. Die Such-Anzeigen gelten bei allen neu dazu gekommenen Aktivitäten nach wie vor als die Basis des Geschäfts von Google - und auch von Alphabet insgesamt. Im vergangenen Quartal erzielte die Konzernmutter insgesamt einen Umsatz von 32,6 Milliarden Dollar, davon waren gut 28 Milliarden Werbeerlöse von Google.
Weltbverbesserer-Absichten
Schon in den ersten Jahren wurde klar, dass sich die Ambitionen von Google nicht nur auf die Internet-Suche beschränken. Getreu dem Ziel, alle Informationen der Welt zu organisieren, fing man damit an, in grossem Stil Bücher einzuscannen. Bei dem Projekt holten sich die Google-Gründer mit ihren Weltverbesserer-Absichten zum ersten Mal eine blutige Nase. Autoren und Verleger sahen Urheberrechte verletzt und ihr Geschäft bedroht, zogen vor Gericht. Google Books kam danach nur zäh voran.
Weitere Konflikte folgten. Medienhäuser warfen Google vor, mit der kostenlosen Verbreitung von Nachrichten ihre Geschäftsgrundlage zu zerstören. Bewertungsdienste wie Yelp kritisierten, die Suchmaschine sauge ihre Inhalte ein - wodurch die Nutzer bei Google hängen blieben. Preissuchmaschinen sahen sich benachteiligt.
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager griff bereits zwei Mal hart durch. 2017 gab es mit dem Vorwurf des unfairen Wettbewerbs bei der Shopping-Suche eine Strafe von 2,4 Milliarden Euro. In diesem Juli folgte die Rekordstrafe von 4,34 Milliarden Euro für Googles Gebaren bei Android. Die Beträge verdaute Google mit Leichtigkeit - die Forderung, auf der Mobil-Plattform mehr Konkurrenz zuzulassen, könnte aber zur Bombe unter dem bisherigen Android-Geschäft werden.
Und immer wieder kommen Datenschutz-Ängste auf. Weiss Google inzwischen zu viel über seine Nutzer? Die Idee der Computer-Brille Google Glass scheiterte letztlich auch an der Sorge, ihre Träger könnten andere unbemerkt filmen. Erst vor wenigen Wochen musste sich der Konzern dafür rechtfertigen, dass Android-Telefone ständig Ortungsdaten speichern - selbst wenn die Anwender das nicht möchten.
Vormarsch der Sprach-Roboter
Der Internet-Konzern bittet die Nutzer um noch mehr Informationen: Der sprechende Google Assistant ist erst dann besonders nützlich, wenn er sich genau auf den jeweiligen Menschen einstellen kann. Wie weit Google bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz ist, zeigte der Konzern im Frühjahr mit dem Dienst Duplex, der menschliche Sprache bis hin zu natürlich klingenden «Ähms» imitieren kann. Neben Bewunderung für die Leistung der Google-Entwickler löste das auch Sorgen vor einem Vormarsch der Sprach-Roboter aus.
Wenige Tage vor dem Google-Geburtstag machte US-Präsident Donald Trump noch eine Front auf. Trump googelte Nachrichten über sich selbst, fand angeblich lauter negative Schlagzeilen. Er warf Google daraufhin vor, die Auswahl zu seinen Ungunsten zu manipulieren. Das werde Konsequenzen haben, folgte eine kaum verhohlene Drohung. Google wies die Vorwürfe zurück. Man kann aber davon ausgehen, dass die Republikaner das Thema bei der nächsten Senatsanhörung der Internet-Konzerne am 5. September wieder auf den Tisch bringen. (via sda)