Diese Zentralschweizer Branchen sind offen für das Arbeitsmodell
Elektrobranche
Martin Schlegel setzt sich als Präsident des Verbands EIT.zentralschweiz für die Interessen des Elektroinstallationsgewerbes ein. Zudem ist er Geschäftsleiter der Elektro Waser AG mit Standorten in Hergiswil, Luzern und Kriens. Auf Wunsch der Mitarbeitenden wurde im Betrieb vor rund einem Jahr die Viereinhalb-Tage-Arbeitswoche eingeführt. «Dieses Modell war eine Feierabendbier-Idee», erzählt der 58-Jährige schmunzelnd. «Wir diskutierten über ein verfrühtes Feierabendbier am Donnerstagabend oder Freitagmittag, damit man im Hinblick auf das Wochenende mehr Freizeit zur Verfügung hat.» Diese Idee brachte Schlegel an die Geschäftsleitungssitzung. Wenige Monate später wurde das Modell einer Viereinhalb-Tage-Arbeitswoche umgesetzt.
Bisher sei ihr Betrieb der einzige in der Region mit einem solchen Modell, der dem Verband bekannt ist. Andere Betriebe würden jedoch Interesse zeigen und erkunden sich regelmässig bei Schlegel. Ein solches Modell sei in der Elektrobranche, welche sehr flexibel auf Veränderungen reagieren müsse, generell möglich. «Ein solches Arbeitszeitmodell muss mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedoch gut abgesprochen sein».
Alles in allem würden die Mitarbeitenden gleich viel arbeiten wie zuvor. «Die Znünipause haben wir von 30 Minuten auf 15 Minuten pro Tag gekürzt. Zudem arbeiten wir von Montag bis Donnerstag ein wenig länger am Abend», so Schlegel. Am Freitagmittag sei Schluss. Allfällige Aufträge würden danach vom Pikettdienst übernommen.
Bäckerbranche
In der Bäckerei «Gut’s Genuss» in Wolfenschiessen sei eine Vier-Tage-Woche schon länger ein Thema. «Wir arbeiten teilweise schon Jahre mit diesem Modell», sagt Regina Gut, Geschäftsinhaberin bei Guts Genuss GmbH. «In Bäckereien herrscht oftmals ein sieben Tage Schichtbetrieb, daher ist es gut möglich.» Besonders für Mitarbeitende in einer Führungsposition sei dieses Modell wegen der langen Öffnungszeiten geeignet. So sei immer eine Ansprechperson vor Ort.
«Eine unserer Führungspersonen zum Beispiel arbeitet seit sieben Jahren in einem 100-Prozent-Pensum auf vier Tage verteilt.» Und damit sei sie nicht die Einzige. Andere würden ihr 80-Prozent-Pensum in drei Tagen erbringen. Die einzelnen Arbeitstage seien somit um einiges länger. «Solche Modelle entstehen nur auf Wunsch von Mitarbeitenden.»
Gut ist ausserdem Präsidentin des Branchenverbands OW/NW Bäcker Konditor. Kürzlich hatte sie eine Vorstandssitzung. Auch dort werde über solche Modelle diskutiert. Eine offizielle Einführung einer 4-Tage-Arbeitswoche stehe zurzeit aber nicht zum Thema. «Das ist jedem Betrieb selbst überlassen.»
Baugewerbe
Anders in der Baubranche. «In der Zentralschweiz kenne ich keine Firma im Bauhauptgewerbe, welche ihre Arbeitsleistung in einer 4-Tage-Woche erbringt», so Kurt A. Zurfluh, Geschäftsführer der Zentralschweizerischen Baumeisterverbände. In Vorstandssitzungen hätte man schon mehrmals über solche Modelle diskutiert. «Von Seiten Arbeitnehmervertreter spürt man hier eine grosse Zurückhaltung, da diese lieber kürzere Arbeitstage hätten.» Das Bauhauptgewerbe unterstehe dem Gesamtarbeitsvertrag mit entsprechendem Musterarbeitszeitkalender. Für eine solche Flexibilisierung der Arbeitszeit brauche es die Zustimmung der Sozialpartner.
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Holzbau
Dem Branchenverband Holzbau Schweiz seien laufende Versuchsprojekte in Betrieben bekannt. «Diese Versuche werden zukünftig ausgewertet und diskutiert», so Martin Meier, Leiter Marketing & Kommunikation bei Holzbau Schweiz.
Bei einer Einführung der 4-Tage-Arbeitswoche sei eine Anpassung des Gesamtarbeitsvertrags nötig. Im aktuellen Vertrag sei ein solches Modell nicht berücksichtigt worden. «Es könnte sein, dass ein solches Modell zukünftig als Möglichkeit im Gesamtarbeitsvertrag integriert werden könnte», so Meier.
Pflege
Auch viele Pflegebetriebe machen sich Gedanken über neue Arbeitszeitmodelle, schreibt der Zentralschweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) auf Anfrage. Schliesslich soll der Beruf attraktiver werden. Aber: «Die 4 Tage Woche erfordert mehr Personal, da wir 24 Stunden an 365 Tagen abdecken müssen. Dies fehlt heute schon.»
Der SBK plädiere in diesem Kontext auf verlässliche Dienstplanung, Zeitgutschriften für Schichtarbeitende zur Erholung und eine verbesserte Vereinbarkeit mit Familie, schreibt der Verband weiter. «Kurzfristige Einsätze sollen belohnt werden. Da greift der Ansatz einer 4 Tage Woche zu kurz». Ein allfälliges Massnahmenpaket müsste vielseitiger sein.
Arbeitest auch du in einem Betrieb, in welchem eine 4-Tage-Woche bereits eingeführt wurde? Dann schreibe es uns in die Kommentare.