Diese Personen holten die Zentralschweizer Parlamentarier ins Bundeshaus
Viele Zentralschweizer und Zentralschweizerinnen durften im vergangenen Dezember die erste Session im National- oder Ständerat miterleben. Die Wahl bringt aber auch ein spezielles Privileg: Jedes Parlamentsmitglied darf zwei dauerhafte Zutrittsausweise verteilen. Diese dürfen auf unbeschränkte Zeit die nicht-öffentlichen Räumlichkeiten des Bundeshauses besuchen und sich darin aufhalten.
Die Familie ist gerne gesehen
Auf der Zugangsliste erkenntlich ist, dass die eigene Familie ein gern gesehener Gast ist. Nicht nur die Urner Mitte-Ständerätin Heidi Z’graggen hat ihrem Partner einen Badge gegeben sondern auch der Mitte-Nationalrat Simon Stadler, der Schwyzer SVP-Nationalrat Roman Bürgi, Mitte-Nationalrat Dominik Blunschy oder der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter laden ihre Frauen ins Bundeshaus ein. Letzterer hat seinem Sohn, Marco Grüter, ebenfalls als persönlichem Mitarbeiter einen Badge gegeben.
Luzerner FDP ist Auto- und Versicherungsfreundlich
Die FDP gibt sich als die Wirtschaftspartei. Deren Lobbyingaktivitäten im Bundeshaus dürften deshalb kaum erstaunen. Der Luzerner FDP-Nationalrat Peter Schilliger setzt sich dabei besonders für das Autofahren ein. Der TCS-Verwaltungsrat und Geschäftsleitungsmitglied einer Spenglerei hat einen seiner beiden Badge an Sébastien Leprat vergeben. Dieser ist in der Geschäftsleitung des Verbandes «strasseschweiz» und agiert als TCS-Vertreter. «strasseschweiz» wiederum agiert vorwiegend als Dachverband für die Wahrung der Interessen des Strassenverkehrs in der Schweiz auf. Der zweite Auserwählte von Schilliger ist Urs Hofstetter. Dieser ist der Lobbying-Verantwortliche beim Gebäudeverband «Suissetec». Dieser setzt sich für einen nachhaltigen und zukunftsfähigen Gebäudesektor in der Schweiz ein.
Beim Luzerner Ständerat Damian Müller, welcher auch noch als Senior Berater Public Affairs der «Die Mobiliar»-Versicherung amtet, hat einen Badge an Martin Kaiser vergeben. Dieser ist gemäss «Lobbywatch» nicht nur Müllers persönlicher Mitarbeiter oder bemüht, Menschen mit Beeinträchtigungen einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu verschaffen, sondern auch «Head of Public Affairs» – also Lobbyist – der «Swiss Life»-Versicherung.
Daneben ist Kaiser auch Verwaltungsrat des WAS Kanton Luzern. Dort hat er per 1. Januar 2024 die Nachfolge von Armin Hartmann, dem neugewählten Luzerner SVP-Regierungsrat, übernommen. Weiter ist er Mitglied des Wirtschaftsbeirates der Stiftung «Switzerland Innovation» – welche uns im Verlauf der Recherche immer wieder begegnet.
Der Nidwaldner FDP-Ständerat Hans Wicki hat einen Badge an Stefan Nünlist vergeben – ohne Zweifel ein gewichtiger Mann in der Wirtschaftswelt. Der ausgebildete Diplomat ist inzwischen Kommunikationsverantwortlicher bei der «Swisscom» und dürfte für diese Interessen im Bundeshaus weibeln. Daneben ist Nünlist aber auch Solothurner FDP-Kantonsrat und Verwaltungsrat bei «Cargo sous terrain AG». Diese will das unterirdische Transportsystem vorantreiben. Bei weiterem Hinschauen sieht man auch da: Er ist Stiftungsrat von «Switzerland Innovation» – wie der persönliche Mitarbeiter von Damian Müller.
Die Mitte: Atom- und Solarstrom oder Wirtschaftsverbände
Auf besonders spannende Resultate stossen wir bei den Mitte-Politikerinnen und Politiker. Der Luzerner Mitte-Nationalrat Leo Müller hat sich für Gallus Cadonau und Gabriel Rumo entschieden. Cadonau ist Geschäftsführer der «Solar Agentur Schweiz». Nur als «Gast» aufgeführt ist Gabriel Rumo. Dieser dürfte aber nicht nur als Zuschauer fungieren, sondern auch als Direktor von «SwissHoldings» für Wirtschaftsgrössen lobbyieren. Der Verband setzt sich für optimale Rahmenbedingungen für multinationale Unternehmen mit Sitz in der Schweiz ein. Mitglied sind Unternehmen wie Nestle, Roche, Novartis, Syngenta oder Glencore – also Wirtschaftsgiganten.
Doch nicht nur Leo Müller’s Gäste sind spannend, sondern auch die des Mitte-Nationalrates und Parteipräsidenten Gerhard Pfister. Er hat sie nämlich an Konrad Studerus und Michael Wieser vergeben. Beide sind auf der offiziellen Liste als «Gast» aufgeführt – obwohl auch hier interessante Tätigkeiten vorhanden sind. Studerus ist Vizepräsident der «Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz» und im Vorstand der Volksinitiative «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)». Demnach ist Studerus eindeutig Pro-Atomstrom und dürfte vermutlich auch in Bundesbern dafür einstehen. Auch der zweite Pfister-Gesandte ist kaum ein unabhängiger Gast. Michael Wieser ist Direktor des interkantonalen Rückversicherungsverbandes und der Vereinigung kantonaler Gebäudeversicherungen.
Was bei Pfister auch spannend ist, dass vor Wiser ein Badge an Gottfried W. Locher vergeben war. Locher war Präsident des Kirchenbundes der evangelisch-reformierten Kirche. Ob das mit der Umbenennung und der Entfernung des christlichen Aspektes der Partei zu tun hatte, kann nur vermutet werden.
Zuger Ständerat wird zu Karrieresprungbrett
Mitte-Ständerat aus Zug, Peter Hegglin, hat einen Badge an Matthias Dietrich vergeben. Dieser ist Leiter Politik und Internationales bei der Post. Interessanter scheint aber die Situation von Matthias Michel, dem Zuger FDP-Ständerat. Seine Badges hat er an Lorenz Furrer, Mitgründer der einflussreichen Lobbyagentur «furrerhungi AG», und Jan Mühlentaler gegeben. Dieser ist Leiter Public Affairs und Kommunikationschef des Schweizerischen Versicherungsverbandes «SVV». Doch noch im Jahr 2020 hat Matthias Michel einen Badge an Matthias Leitner vergeben. Der damalige Lobbyist für die «SIX-Group» ist inzwischen ein persönlicher Mitarbeiter von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis.
Andrea Gmür-Schönenberger kämpft Seite an Seite mit «economiesuisse»
Nebst ihrem persönlichen Mitarbeiter und ehemaligem Luzerner Mitte-Kantonsrat Adrian Bühler, hat sie einen Badge an Monika Rühl vergeben. Sie dürfte als Geschäftsführerin von «economiesuisse», dem wahrscheinlich grössten und einflussreichsten Wirtschaftsverband der Schweiz, bekannt sein. Wie die Mitte-Nationalrätin kämpft auch Rühl für ein Rahmenabkommen und geregelten EU-Beziehungen. Nebst ihrem Mandat bei «economiesuisse» ist Rühl auch Stiftungsrätin bei – Achtung Überraschung – «Switzerland Innovation».
Auch die Linken lobbyieren
«Da ich grundsätzlich ein lobbyfreies Bundeshaus bevorzuge, vergebe ich keinen Badge an Organisationen», schreibt die Zuger Grünen-Nationalrätin Manuela Weichelt auf Anfrage von PilatusToday und Tele 1. Laut der Liste, welche die Parlamentsdienste zur Verfügung stellen, hat sie ein Badge dennoch an Ihren Partner, Huissoud Michel, vergeben. Auch er ist kein Unbekannter. Als Verwaltungsratspräsident des Onlineportals «REPUBLIK» ist er fest in der Medienwelt verankert. Vorher war er 34 Jahre lang bei der Eidgenössischen Finanzkontrolle und kennt daher den Betrieb im Bundeshaus wie kaum ein zweiter.
Die beiden Luzerner SP-Nationalräte David Roth und Hassan Candan haben ihre Zugänge noch nicht verteilt. Wie sie uns schreiben, seien sie noch fest mit inhaltlichen Themen beschäftigt und sich noch nicht sicher, ob und wem sie die Badges weitergeben werden. Michael Töngi, Grünen-Nationalrat aus Luzern, hat seinerseits zwei Badges schon vergeben. Wenig überraschend geht einer an Anders Gautschi vom Verkehrsclub Schweiz «VCS», welcher sich stark für Velos und ÖV, sowie gegen den geplanten Autobahnausbau einsetzt. Der Zweite ging an Marcel Liner vom Umweltverband «Pro Natura».
SVP ist zurückhaltender mit dem Verteilen der Badges
Monika Rüegger, die Obwaldner SVP-Nationalrätin, hat ihre Badges noch nicht verteilt. Sie schreibt: «Falls ich einen der Badges vergeben würde, dann einer Person, die mich in meiner politischen Arbeit unterstützt, oder die einen direkten Bezug zu meiner politischen Arbeit hat, ohne meine politische Unabhängigkeit zu tangieren.» Bis dahin würde sie die Personen tageweise ins Bundeshaus einladen. Auch die neue Luzerner SVP-Nationalrätin, Vroni Thalmann-Bieri, hat die Badges noch nicht verteilt. Für sie steht aber fest: Ein Lobbyist solls nicht werden, wie sie uns verrät. Keinen Badge hat auch SVP-Aushängeschild Thomas Aeschi vergeben. Auf Anfrage von PilatusToday, warum er keine Personen mit ins Bundeshaus nimmt, hat er leider nicht reagiert.
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