Zentralschweiz
Luzern

Dieter Fingerlins Mutter zwang ihn, seinen Jaguar dem Verkehrshaus zu geben.

Nidwaldner Oldtimer-Fan

70'000 Franken der Mutter geklaut – zur Strafe musste der Jaguar ins Verkehrshaus

Jonathan Ernst, 14. Oktober 2024, 16:58 Uhr
Dieter Fingerlins Liebe zu alten Autos besteht mindestens schon seit 1969. Damals sah er auf einem Autofriedhof einen Jaguar Mark IX. Er kaufte ihn und liess ihn wieder fahrtauglich machen. Behalten durfte er ihn aber nicht lange, das Geld war nämlich nicht seines.

«Herausgekommen ist das erst, als der Kontoauszug gekommen ist», erzählt Dieter Fingerlin mit einem Lachen in der Stimme. Er meint damit den Auszug seiner Mutter. Ganze 70'000 Franken fehlten auf ihrem Konto der damaligen Schweizerische Kreditanstalt – der späteren Credit Suisse.

Vom Schrottplatz ins Verkehrshaus

Der Jaguar hatte einen Motorschaden, als ihn Fingerlin auf einem Basler Autofriedhof sah und ihn für rund 800 Franken kaufte. Darum musste er ihn zunächst mal mechanisch in Ordnung bringen und lackieren lassen. All das tat er mit dem Geld der Mutter – ohne dass sie davon wusste.

Ende Jahr habe es seine Mutter bemerkt, erzählt Fingerlin: «Du, auf dem Konto fehlen 70'000 Franken! Was hast du mit dem Geld gemacht?», habe seine Mutter gefragt. «Das steht jetzt vor dem Küchenfenster.» Daraufhin sei die Mutter rausgerannt, habe das Nummernschild und den Schlüssel konfisziert und ihm ein sofortiges Fahrverbot aufgehalst.

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Darum sei das Auto zunächst nur noch rumgestanden. Verkaufen wollte er ihn nicht, fahren durfte er ihn nicht. Da der Platz vor dem Küchenfenster sowieso eher zu klein für den langen Oldtimer war, musste er in einer Einstellhalle untergebracht werden. Doch das führte zu Zusatzkosten und niemand wollte sein Auto langfristig behalten. Die Lösung kam erneut von Mama: «Dieter, mein lieber Sohn, ich habe eine gute Idee: Wir bringen den ins Verkehrshaus. Dort wird er nicht schmutzig und kostet kein Geld.»

Quelle: PilatusToday / Jonathan Ernst

Vom Verkehrshaus zurück zu Dieter Fingerlin

Über 40 Jahre später wohnt Dieter Fingerlin in Stans, dass er mal einen Jaguar hatte, hat er beinahe vergessen. Nicht aber sein Autohändler, der auf Jaguar spezialisiert – und laut Fingerlin sogar der «Jaguar-Gott» ist. Dieser konnte sich an die Geschichte erinnern. «Ich hatte die Geschichte mal seinem Lehrling erzählt», sagt Fingerlin. Scheinbar kam sie über den Lehrling zum Jaguarhändler, später habe dieser nämlich gefragt, wo denn dieser Jaguar stehe. «‹Im Verkehrshaus›, sagte ich.»

Das Gespräch endete damit, dass sich die beiden einig wurden, dass der Jaguar wieder gefahren werden sollte. Sie gingen also auf die Verkehrshaus-Leitung zu und einigten sich auf einen Deal: «Ich muss ihn ölen, schmieren und dazu schauen. Wenn ich jedoch sterbe, dann wollen sie das Auto wieder, das steht im Vertrag.»

Das Auto gehört noch dem Verkehrshaus, beim Vertrag handelt es sich um eine zeitlich beschränkte «Gebrauchsleihgabe». Dort steht auch drin, dass das Auto im «gleichen oder besseren Zustand» zurückgegeben werden muss. Es folgten also weitere zeitliche und finanzielle Investitionen in den Jaguar – dieses Mal aber mit eigenem Geld bezahlt.

Seit neun Jahren fährt Dieter Fingerlin wieder mit seinem Jaguar Mark IX, der ihm vor über 50 Jahren auf dem Schrottplatz ins Auge gestochen war, durch die Zentralschweiz.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 14. Oktober 2024 16:58
aktualisiert: 14. Oktober 2024 16:58