Floaten in der Reuss und Lesen in Paris – Anna-Lena Beck im Portrait
Wo ist für Sie der schönste Ort in der Stadt Luzern?
Mitten in der Reuss. Im Sommer hüpfe ich regelmässig mit dem Drybag in den Fluss und lasse mich vom Kasernenplatz bis zum Nordpol treiben. Ich liebe es sehr, das Ufer vorbeiziehen zu sehen und friedlich im Wasser vor mich hin zu treiben.
Womit haben Sie Ihr erstes Sackgeld verdient?
Ich musste früher oft mittags den Tisch decken, ich glaube, so kam ich an mein erstes «selbst verdientes» Geld. Entsorgung von Papier, Karton, Alu und Glas war ebenfalls in meiner Verantwortung, an dieses Ämtli habe ich mich meistens allerdings mehr schlecht als recht erinnert.
An welches aussergewöhnliche Ereignis in Ihrem Leben erinnern Sie sich besonders gerne zurück?
An den Nationalratswahlen 2019 kam ich etwa zwei Minuten vor Verkündigung der Wahlergebnisse im Regierungsgebäude des Kanton Luzerns an. Dank der zusätzlichen Stimmen der Jungen Grünliberalen Liste wurde Roland Fischer in den Nationalrat gewählt, das war ein wirklich guter Tag.
Wo verbringen Sie Ihre Ferien?
Ich reise gerne mit dem TGV nach Paris, um in französischen Bistros ein wenig die Seele baumeln zu lassen, in Frieden zu lesen und das eine oder andere Glas Wein zu trinken. Ich schätze die Kultur und die Ästhetik, interessiere mich für die Geschichte der französischen Hauptstadt und pflege eine Hassliebe zum Pariser Metrosystem.
Wer ist Ihr Vorbild?
Ich bewundere Jaqueline Badran von der Zürcher SP sehr fest für ihren direkten und ehrlichen Politikstil. Simone de Beauvoir als Feministin und Schriftstellerin. Und zu guter Letzt bin ich wirklich sehr beeindruckt von dem Philosophen Edmund Gettier, der das Prinzip «minimaler Aufwand, maximaler Ertrag» in der Philosophie wirklich auf ein neues Level gebracht hat.
Verfügen Sie über ein geheimes Talent?
Ich kann meine Nasenflügel bewegen. Und ich koche hervorragende Lasagnen!
Quelle: Tele 1 / PilatusToday
Wenn Sie einen Tag Königin der Schweiz wären, was würden Sie sofort ändern?
Einer meiner kleineren politischen Träume ist das Frei-Gipfeli jeden Morgen für alle Menschen in der Schweiz. Vielleicht starte ich eines Tages eine Initiative dafür. Und ich würde die Rezepte für Riz Casimir, meiner persönlichen Nemesis, aus allen Schweizer Kochbüchern streichen lassen.
Und jetzt zu den etwas ernsteren Themen: Was ich sofort ändern würde, wäre das aktuelle Sexualstrafrecht, welches überhaupt nicht mehr zeitgemäss ist. Nur Ja heisst Ja, Männer können ebenfalls vergewaltigt werden, ab wann gilt ein sexueller Übergriff überhaupt als Vergewaltigung. Eine riesige Baustelle, eine Modernisierung ist dringend notwendig. Ich würde zudem mehr Ressourcen und Gelder in Bildung und Forschung stecken. Momentan wird hier wirklich am falschen Ort gespart, Wissenschaft und gut ausgebildete Fachleute sind für die Schweiz von essentieller Bedeutung.
Wie schätzen Sie die Arbeit der Luzerner Stadtregierung ein?
Ein wenig frischer Wind und junge Ideen könnte die Stadt gut gebrauchen.
Warum sollte die Luzerner Bevölkerung Sie wählen?
Aus einem Grund, der vielleicht nicht direkt auf der Hand liegt: Ich bin eine bedingungslose Optimistin und deswegen eine politische Brückenbauerin. Mein Ziel ist es, die Kluft zwischen unterschiedlichen Meinungen und politischen Lagern zu überbrücken, indem ich beharrlich für Zusammenarbeit und Konsensbildung eintrete. Ich glaube fest daran, dass eine lebenswerte Zukunft und positive Veränderungen möglich sind, dass Lösungen möglich sind, wenn wir gemeinsam dafür arbeiten. Ich gehe offen auf Menschen zu und nehme ihre Ideen und Sorgen ernst, und ich werde immer an das Gute in ihnen glauben und dementsprechend politisieren.
Welches ist Ihre Wunsch-Direktion und welches Thema würden Sie dort priorisieren?
Ich würde mich insbesondere in der Bildungsdirektion sehen. Momentan ist die Diskussion angeheizt, ob die Noten abgeschafft werden sollten, gezwungenermassen wäre also das die erste Anlaufstelle. Auch die neue Fachstelle Gleichstellung ist dieser Direktion zugehörig. Hier würde ich die Arbeit mit der Sozial- und Sicherheitsdirektion vertiefen und die Gleichstellungsstrategie gut im Auge behalten. Meine zweite Wahl ist die Umwelt- und Mobilitätsdirektion, da ich eine Stadtbegrünung als elementar für ein lebenswertes Luzern in Zeiten des Klimawandels betrachte. Auch den Ausbau von sicheren Velowegen und Fussgängerzonen ist eine Herzensangelegenheit von mir.
Welches sind aus Ihrer Sicht die aktuell grössten Herausforderungen der Stadt? Nennen Sie drei.
Sicher die Raumplanung. In der Stadt herrscht Verkehrschaos, Velofahren ist gefährlich, es gibt zu wenig Grünflächen und im Sommer heizt der Beton auf. Damit Luzern eine lebenswerte Stadt bleibt, müssen wir uns umorientieren. Autofahren hat keine grosse Zukunft in der Stadt Luzern, der Raum soll Menschen und dem Langsamverkehr gewidmet sein.
Die finanzielle Lage. In den vergangenen Jahren hat die Stadt Steuergewinne eingefahren, die Steuern wurden deswegen auch ein wenig gesenkt. Wir leben in unsicheren Zeiten, es ist äusserst wahrscheinlich, dass höhere Ausgaben auf die Stadt zukommen, während gleichzeitig die Steuereinnahmen schwer vorhersehbar sind. Bei zukünftigen Steuer- und Finanzierungsfragen muss die soziale Gerechtigkeit im Vordergrund bleiben. Ich bin auf jeden Fall dafür, dass für notwendige Projekte und auch einmal für coole Ideen Geld in die Hand genommen werden darf. Ich bin jedoch sehr skeptisch, wenn versucht wird, Steuergelder mit beiden Händen wahllos auszugeben.
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Sicherheit für Frauen. Ein Thema, welches mir aktuell viel Sorgen bereitet. Überall auf der Welt –und auch in der Schweiz – werden Abtreibungsrechte geschwächt, Care-Arbeit abgewertet, Frauen in konservative Rollenbilder und die Gesellschaft in wertkonservative Ideen zurückgedrängt. Die Stadt muss sich immer dafür einsetzen, dass sich alle (neben Frauen auch Kinder, LGBTQIA+ Personen, People of Color oder Menschen mit einer Beeinträchtigung) sicher fühlen dürfen und frei entfalten können. Das ist eine Aufgabe, die konstant wahrgenommen werden muss und nicht vergessen gehen darf.
Grünflächen oder genügend Parkplätze in der Stadt. Was ist für Sie wichtiger?
Grünflächen, ganz klar. Es gibt kaum gute Gründe, um mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Stattdessen soll die Stadt ein lebenswerter Ort sein. Dank Grünflächen gibt es bessere Luft und Platz für das soziale Leben. Und ganz allgemein sind Grünflächen gut für die Gesundheit und führen zu mehr Lebensqualität der Stadtbewohner:innen.