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«Weltweit einzigartig»: Emmen wird zum neuen Technologiezentrum für den Kampfjet F-35

Neuer Kampfjet

«Weltweit einzigartig»: Emmen wird zum neuen Technologiezentrum für den Kampfjet F-35

Othmar von Matt / ch media, 26. Juni 2024, 13:30 Uhr
Der F-35 gilt als der aktuell beste Kampfjet der Welt. Emmen übernimmt neu die Teilendmontage von vier F-35-Kampfflugzeugen. Auf dem Bild startet ein F-35 auf der US-Airbase Ramstein in Deutschland.
© Keystone
4 der 36 Schweizer F-35-Kampfjets aus den USA werden ab 2027 bei der Ruag in Emmen endmontiert. Dafür erhält der Standort 500 Millionen Dollar aus den Kompensationsgeschäften und 100 Mitarbeitende.

Die Beschaffung des neuen Kampfjets F-35 löste bei der Ruag in Emmen Ängste vor Stellenabbau aus. Und Ängste, den Standort als Kampfjet-Kompetenzzentrum zu verlieren. Emmen war bisher der Standort, an dem die rund 50 aktiven Kampfjets – grösstenteils F/A-18, aber auch Tiger – unterhalten und gewartet werden.

Der F-35 gilt als der aktuell beste Kampfjet der Welt. Emmen übernimmt neu die Teilendmontage von vier F-35-Kampfflugzeugen. Auf dem Bild startet ein F-35 auf der US-Airbase Ramstein in Deutschland.
© Keystone

Der neue F-35 hat aber viel tiefere Unterhaltskosten. Das Bundesamt für Rüstung Armasuisse schreibt: «Während beim F/A-18 periodische Kontrollen mit längeren Standzeiten erforderlich sind, sieht das Konzept der F-35 nur vereinzelte Instandhaltungsaktivitäten vor.» Das ändert die Ausgangslage – weshalb in Emmen Befürchtungen über einen Abbau von 400 Stellen kursierten.

Nun aber kann der Ruag-Standort Emmen zu grossen Teilen aufatmen. Er wird dank dem Projekt Rigi neues Kompetenzzentrum für den F-35, der als aktuell bester Kampfjet der Welt gilt. Mit dem Projekt werden 4 der total 36 Schweizer F-35-Kampfflugzeuge mit technischer Unterstützung des Herstellers Lockheed Martin bei der Ruag in Emmen endmontiert und getestet.

Die US-Musterkampagne in der Schweiz

«Rigi» sei «weltweit einzigartig», betont Patrick Nyfeler, seit Februar Verantwortlicher von Lockheed Martin der Region Deutschland, Österreich und Schweiz (DACH). Kein anderes Land habe die Zustimmung für ein vergleichbares Projekt erhalten. Dafür sei ein kompliziertes Genehmigungsverfahren bei der US-Regierung nötig gewesen. «Es war nicht einfach, diese Genehmigung zu erhalten», sagt Nyfeler. «Deshalb gehe ich davon aus, dass das nicht so schnell wieder passiert.»

Nur: Weshalb ist die Schweiz so wichtig für die USA und für Lockheed Martin? Die Schweiz sei neutral und habe ein neutrales Ausschreibungsverfahren durchgeführt, betont Nyfeler. Deshalb sei es der US-Regierung und Lockheed Martin «ein grosses Anliegen» gewesen, hier die Ausschreibung zu gewinnen. «Das war für uns eine Musterkampagne.»

Inzwischen hat das Bundesamt für Rüstung Armasuisse der Ruag die Vorabzustimmung für das Projekt Rigi erteilt. Das ermöglicht es dem US-Hersteller Lockheed Martin, den Transfer von Werkzeugen, Know-how und Ausbildung mit der Ruag zu starten. Über ein hochpräzises Tool sollen Systeme, Sensoren, Bordkanonen, Triebwerke und Tanks in vier grossen Rumpfmodulen zusammengesetzt werden, erklärt Nyfeler. Der erste Testflug finde ebenfalls in der Schweiz statt. Nach Abschluss der Teilendmontage in der Schweiz sollen die vier F-35 zur Endabnahme in die Produktionsstätte im italienischen Cameri geflogen werden.

Mit dem Projekt Rigi soll die Autonomie der Schweiz im Betrieb und in der Instandhaltung des Kampfflugzeugs «nachhaltig gestärkt» werden, schreibt Armasuisse. Konkret erhalte die Ruag von Lockheed Martin Know-how, Datenpakete, Schulungen und technische Unterstützung im Zusammenhang mit der Teilendmontage der F-35.

Armasuisse geht für das Projekt Rigi von einem Personalbedarf von rund 100 Mitarbeitenden aus. Zudem fliessen 500 Millionen der total 3 Milliarden Dollar in das Projekt Rigi und damit vor allem nach Emmen, welche die USA durch Offsetgeschäfte mit Unternehmen in der Schweiz kompensieren muss.

Die Ruag hat sich allerdings gegenüber Armasuisse dazu verpflichtet, 40 Prozent des Personals für das Projekt Rigi aus der Westschweiz zu beziehen. Die Ruag will in Payerne einen zweiten Ort für den Unterhalt von F-35-Kampfjets schaffen. Parallel dazu sind 100 Millionen oder ein Fünftel der 500 Millionen Dollar für Investitionen und Wertschöpfungen in der Westschweiz vorgesehen. Dort hatte es Widerstand gegen das Projekt Rigi gegeben. Für die Romandie bleibe kaum etwas von den Kompensationsgeschäften übrig, war die Befürchtung.

Eine Chance für die Zentralschweiz

Das Projekt Rigi ist eine Chance für Emmen und die Zentralschweiz. Gerade auch für die Mitarbeitenden. «Das Signal für sie ist zentral», sagt Thomas Kipfer, Geschäftsleitungsmitglied der Ruag und verantwortlich für das Projekt Rigi. «Wir können den Mitarbeitenden eine Perspektive und eine hervorragende Basis für die Zukunft geben. Das ist auch wichtig, um Mitarbeiter zu halten und um neue Mitarbeiter anzuwerben.»

Ruag-Verwaltungsratspräsident Nicolas Perrin sowie Geschäftsleitungsmitglied Kipfer lassen aber beide durchblicken, dass es zu einem Abbau bei den hunderten von Stellen in Emmen kommen werde. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Schweiz in Zukunft mit dem F-35 nur noch ein Kampfflugzeug unterhalten muss und nicht mehr zwei wie bisher mit F/A-18 und Tiger. Wie gross der Abbau sein werde, sei noch nicht klar.

Für die Ruag sei das Projekt Rigi äusserst wichtig», schreibt das Unternehmen, da es sich nur auf diese Weise frühzeitig Kenntnisse zum F-35 aneignen könne. Die Ruag will damit «als regionaler Anbieter Teil der europäischen F-35-Support-Lösung werden». Das Unternehmen betont: «Zudem kann die Ruag mit dem Aufbau von zusätzlichem Know-how Arbeitsplätze sichern und den Ausbau zukünftiger Hightech-Arbeitsplätze fördern.»

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Othmar von Matt / ch media
Quelle: aargauerzeitung.ch
veröffentlicht: 26. Juni 2024 13:30
aktualisiert: 26. Juni 2024 13:30