Zentralschweiz

Osteoporose Zentrum in Luzern rechnet mittels fragwürdiger Diagnose ab

Luzerner Klinik

Abrechnung über Grundversicherung mittels fragwürdiger Diagnose

Jeanne Kaufmann, 23. Oktober 2024, 09:49 Uhr
Das Osteoporose Zentrum Luzern rechnete zu viel über die Grundversicherung ab. (Symbolbild)
© gettyimages
Das Osteoporose Zentrum Luzern stellt eine ungerechtfertigte Diagnose und rechnet die Leistungen über die Grundversicherung ab. Die Patientin macht ihre Versicherung auf das fragwürdige Vorgehen der Klinik aufmerksam.

Maria Meier (Name geändert) befindet sich auf einer kleinen Odyssee durch das Gesundheitssystem. Alles fing mit einer Überweisung ihrer Gynäkologin an: Diese überwies Meier für eine «sinnvolle Vorsorgeuntersuchung» ins damals noch zur Hirslanden-Gruppe gehörende Osteoporose-Zentrum St. Anna in Luzern. Die Gynäkologin erfragte die aktuellen Messwerte, ein Befund wurde von ihr nicht angefordert, wie der «Beobachter» berichtete.

Falsche Diagnose und mehr als dreimal höhere Kosten veranschlagt

Da es sich um eine Vorsorgemassnahme handelte und Meier keine Symptome einer Osteoporose zeigte, hätte sie die Untersuchung selber zahlen müssen. Gemäss Tarif-System Tarmed belaufen sich die Kosten für Selbstzahlerinnen zwischen 80 bis 100 Franken.

Die Knochendichtemessung, welche im September 2023 durchgeführt wurde, ergab einen unauffälligen Befund. Im Bericht der Klinikleiterin stand als Zuweisungsgrund die Diagnose «Hypogonadismus». Im Überweisungsformular steht allerdings nichts dergleichen. Meier sei zunächst verunsichert gewesen, die Rechnungskopie über 328,85 Franken, welche über die Grundversicherung abgerechnet wurde, erschreckte sie dermassen, dass sie weitere Schritte einleitete.

«Wir alle sollen doch helfen, die Gesundheitskosten zu senken»

«Mich hätte der Selbstbehalt für diese Rechnung zwar weniger gekostet, als wenn ich als Selbstzahlerin die eigentlich geplante Messung hätte bezahlen müssen. Aber ich fand es nicht korrekt gegenüber meiner Krankenkasse und der Allgemeinheit. Wir alle sollen doch helfen, die Gesundheitskosten zu senken», begründet Meier ihre Handlungen gegenüber dem «Beobachter».

Die Abrechnung lief wegen der – wenn auch falschen – Diagnose über die Grundversicherung. Zusätzliche Kosten seien aufgrund eines nicht angeforderten 75-minütigen Aktenstudium zustande gekommen. Aber zum Vergleich: Im Luzerner Kantonsspital kostet eine vergleichbare Leistung nur etwas mehr als die Hälfte.

Ohne die Zuhilfe der Patientin hätte die CSS, bei der Meier versichert ist, nichts Auffallendes auf der Rechnung feststellen können, erklärt die Fachexpertin Wirtschaftlichkeitsprüfung der Versicherung gegenüber dem «Beobachter».

«Vielleicht hätten wir dies nicht tun sollen»

Die Hirslanden-Gruppe lässt gegenüber Meier verlauten, dass sie mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun hätten, da das Osteoporose-Zentrum per 1. Mai 2023 den Besitzer gewechselt habe. Daraufhin nahm sie schriftlich Kontakt mit der Klinikleiterin auf.

Ihr zufolge ist die ursprüngliche Zuweisung falsch gewesen, da die Klinik eigentlich keine Messungen ohne Befund durchführt. Aufgrund der langen Wartezeiten habe man allerdings auf eine erneute Zuweisung verzichtet. «Vielleicht hätten wir dies nicht tun sollen und die ‹falsche Zuweisung› retournieren sollen mit der Bitte um eine erneute, ‹korrekte Zuweisung› [...]».

Missverständliche Fragen im Risikofragebogen

Die Klinikleiterin nahm gegenüber dem «Beobachter» Stellung zur fragwürdigen Diagnose: Die Patientin hätte auf dem Risikofragebogen angegeben, dass ihre Menopause mit 46 Jahren eingetreten sei, weswegen eine differenzierte Beurteilung im Gesamtkontext einzuordnen sei. Bei Meier sei die Menopause jedoch noch nicht eingetreten, die Frage ist missverständlich formuliert: Es wird zugleich nach Menopause und Wechseljahren gefragt, welche medizinisch gesehen nicht das Gleiche sind.

Trotzdem: Selbst wenn bei Meier die Menopause tatsächlich mit 46 Jahren eingetreten wäre: Die Diagnose Hypogonadismus wäre in ihrem Fall trotzdem nicht in Frage gekommen.

Verfahren wegen Betruges eingestellt

Meier leitete ein Verfahren wegen Betrugs ein, welches allerdings schon eingestellt wurde. Staatsanwalt Adrian Berlinger erklärt auf Nachfrage gegenüber dem «Beobachter», dass sich aufgrund der konkreten Akten- und Beweislage kein Tatverdacht wegen Betruges erhärtete.

Für die CSS sei der Fall jedoch noch nicht abgeschlossen, diese wolle nun mit der Leistungserbringerin direkt in Kontakt treten. Nach den Abklärungen werde die CSS prüfen, ob und inwiefern rechtliche Schritte einzuleiten sind.

Eine Milliarde zusätzliche Kosten durch falsche Rechnungen

Dass Leistungen falsch abgerechnet werden, ist keine Seltenheit. Larisa Petrov analysierte in ihrer Doktorarbeit die Rechnungsstellung zu viel verrechneter Leistungen, wie SRF berichtete. Obwohl die meisten korrekt abrechneten und es sich nur um einige wenige Kostentreiber handele, könnte sich das Sparpotential auf bis zu eine Milliarde Franken belaufen.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 22. Oktober 2024 09:38
aktualisiert: 23. Oktober 2024 09:49