«Der Zahn der Zeit nagt auch an mir»: Andy Schmid über seinen sofortigen Rücktritt
Quelle: PilatusToday / Anita von Rotz
Redaktion: Andy Schmid, Sie haben ihren Rücktritt schon länger angekündigt. Nun folgt er aber per sofort. Nach 20 Jahren als aktiver Handballspieler. Wie kam es zu diesem Entscheid?
Andy Schmid: Der Gedanke hat sich in den letzten Monaten festgesetzt. Ich habe gewusst, die EM im Januar in Deutschland könnte ein schöner Schlusspunkt sein. Ich hatte zudem seit dem Sommer immer wieder mit kleineren Verletzungen zu kämpfen. Hatte zum ersten Mal in meinem Leben eine Operation, so hat sich der Gedanke festgesetzt. Ich habe immer offen mit dem Verein und dem Verband kommuniziert. Nach der EM sind wir dann nochmals zusammengesessen und so ist es gekommen, dass ich per sofort meine Karriere beende.
Was geht bei so einem Entscheid in Ihnen vor?
Das Schöne ist, dass Körper und Geist irgendwann ein Zeichen geben. Der Zahn der Zeit nagt auch an mir, daher kam das Zeichen auch von innen. Niemand hat mich dazu bewegt, ich habe es selber gespürt. Es ist ein einschneidender Moment. Ich betrieb 20 Jahre lang Profisport, spiele seit dem sechsten Lebensjahr Handball. Es wird eine grosse Umstellung von einem Tag auf den anderen damit aufzuhören. Es fühlt sich aber richtig an.
Wenn wir auf die 20 Jahre zurückschauen, auf welche Momente sind Sie besonders stolz?
Ich bin sehr stolz auf die Konstanz, die ich bis ins hohe Alter hatte. Auch bin ich stolz darauf, dass ich nie die Liebe und die Leidenschaft für den Sport verloren habe. Diese ist immer noch dieselbe wie als kleiner Junge. Der Handballsport hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin. Der Sport hat mich vieles gelehrt – mit Siegen umzugehen, mich im Team zurechtzufinden oder nach Niederlagen wieder aufzustehen. Das sind alles Sachen, die ich meinen Kindern weitergeben will.
Wie hat Ihr Umfeld auf den Entscheid reagiert?
Für mich ist ein Privileg, dass ich mit 40 Jahren selber entscheiden kann, aufzuhören. Das war mir sehr wichtig. Ich schätze es daher sehr, dass ich mit dem HC Kriens-Luzern immer offen sprechen konnte, dass sie mir keine Steine in den Weg gelegt haben. Wenn sie wollten, hätten sie mir den Rücktritt aufgrund des Vertrags verweigern können. Daher bin ich dem Verein gegenüber sehr dankbar. Ich konnte selber entscheiden, es war mir aber wichtig, dass ich die wichtigsten Parteien an Bord hatte.
Handball bleibt ein Teil ihres Lebens. Sie trainieren künftig die Schweizer Nationalmannschaft. Wie gross ist die Vorfreude?
Wenn ich ehrlich bin, ist es heute noch nicht so präsent. Ich weiss, dass ich im Sommer Nationaltrainer werde, ich freue mich auch riesig auf die Aufgabe. Ich freue mich auch riesig, dass ich im Handballsport bleiben kann. Ich will jetzt erst die Gedanken etwas setzen lassen. Ich will, dass der Tag vorbei ist und ich meine Gefühle in den eigenen vier Wänden zulassen kann.
Was steht jetzt an, bis die Arbeit als Trainer anfängt?
Ich will viel Zeit mit meiner Familie verbringen. Ich kann selber entscheiden, wann ich trainieren will. Es ist schön, dass meine Zeit nicht fremdbestimmt ist von einem Trainingsplan oder einem Spielplan. Und ich freue mich riesig auf die kommenden Ferien, die auch meine Kinder haben. Wir können mal zusammen wegfahren, was wir in den vergangenen Jahren nicht konnten. Trotzdem will ich auch weiterhin oft in der Halle sein, viele Handballspiele besuchen. Ich freue mich darauf, den Druck nicht mehr zu spüren vor den Spielen.
Das sagt der Sportchef des HC Kriens-Luzern
Der Rücktritt kommt für Nik Tominec nicht überraschend. Man habe in den vergangenen Monaten Gespräche geführt. Es sei ein Prozess gewesen. «Andy ist ein Phänomen. Er ist einer der besten Handballspieler aller Zeiten. Den kann man nicht ersetzen», betont Tominec. Umso glücklicher sei man gewesen, als Schmid entschieden hat, vor gut eineinhalb Jahren zurück zum HCK zu kehren und dort nun seine Karriere zu beenden.
«Wir werden ihn sehr vermissen. Wir wünschen ihm auch privat und auf dem sportlichen Weg alles Gute. Und wir drücken ihm die Daumen, dass er weiter erfolgreich bleibt für das Wohl des ganzen Schweizer Handballs. Und wir sind überzeugt, dass er auch als Trainer eine grosse Karriere machen wird.»