«Aus Notlagen profitieren»: Mieterverband Luzern kritisiert Bezahlabos bei Vermittlern
Wohnungen sind heiss begehrt – Entspannung der Wohnungssituation scheint nicht in Sicht zu sein. Laut der neusten Statistik von «LUSTAT» lag die Leerwohnungsziffer im Kanton Luzern bei 0,82 Prozent per 1. Juni 2024. Das ist im Vergleich zum Vorjahreswert 13 Prozent weniger – von total 2009 leeren Wohnungen im Vorjahr zu aktuell 1747 Wohnungen. Bei Familienwohnungen sieht es dabei am prekärsten aus. Nur 0,44 Prozent der 5-Zimmer-Wohnungen stehen im Kanton Luzern leer.
Dabei gibt es Regionen, die mehr oder weniger betroffen sind. Wie in der Karte unten ersichtlich ist, gibt es in Menznau, Ruswil, Hildisrieden, Schlierbach, Romoos, Doppleschwand oder Rain genau noch eine einzige freie Wohnung. Dierikon ist per Stichtag gar total ausgebucht.
Besser sieht es in Emmen, Buchrain oder Reiden aus. Dort liegt die Leerwohnungsziffer jeweils bei über zwei Prozent.
Bezahlabos verschaffen Vorteile bei der Wohnungssuche
Die schon seit einer Weile anhaltende Wohnungsknappheit bringt Immobilienvermietungsplattformen auf Geschäftsideen und den Mieterinnen- und Mieterverband auf die Palme.
Denn die zwei bedeutenden Vermittlerwebsites für Wohnungsmieten, Homegate und Immoscout 24, haben seit einiger Zeit ein Bezahlsystem eingeführt. Für knapp 40 Franken monatlich kann man die Vermieter bis zu sieben Tage früher als die Gratis-Userinnen und -User kontaktieren. Wird somit die Wohnungssuche finanzschwacher Menschen noch weiter verschärft?
Mieterverband und Vermittler widersprechen sich
Das die oben erwähnten Plattformen ein Bezahlsystem eingeführt haben, ist für den Mieterinnen- und Mieterverband zwar nicht überraschend, dennoch geben sie sich enttäuscht. Daniel Gähwiler, Co-Geschäftsleiter, sagt gegenüber PilatusToday und Tele 1: «Für uns ist es ein typisches Beispiel, wie jemand versucht, aus Notlagen anderer Menschen Profit zu erzielen. Das finden wir moralisch nicht vertretbar.»
Die Betreiberin der Plattformen Homegate und Immoscout 24, die Swiss Marketplace Group AG (SMG), welche auch hinter Ricardo, der TX Group oder Ringier steht, verteidigt sich aber. Gegenüber PilatusToday und Tele 1 schreiben sie: «Während Jahrzehnten mussten sich Suchende bei der Immobiliensuche über Wochen und Monate die entsprechenden Zeitungen kaufen und aufwendig jedes Inserat durchsehen.»
Auf der anderen Seite mache das Angebot die Suche von Mieterinnen und Mietern für die Vermieter einfacher. Denn zu Beginn würden diese nur von besonders engagierten Personen kontaktiert werden. In Ballungsräumen sei zudem der Aufwand dadurch gesunken, da die Flut von Anfragen reduziert werde und somit alle sorgfältig bearbeitet werden können. Das sei sonst nicht der Fall gewesen, so die SMG weiter.
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Unterstützung von Stiftungen – doch die Zentralschweiz geht derzeit leer aus
Auf der Website von Immoscout 24 findet man dessen angebliches Sozialengagement: «Unser Kernanliegen ist es, einen positiven Einfluss auf das Leben von Bedürftigen zu nehmen. In Zusammenarbeit mit einer angesehenen sozialen Wohnorganisation setzen wir uns dafür ein, den Prozess der Wohnungssuche für Menschen in schwierigen Lebenslagen zu erleichtern.»
Steht dieses Statement nicht im Konflikt zu dem Abonnement für monatlich fast 40 Franken und einer Mindestlaufzeit von drei Monaten? «Nein, im Gegenteil», behauptet die SMG. So würden sie den Menschen, die mit der Stiftung Domicil oder der Selbsthilfeorganisation Procap zusammenarbeiten, die Premiumfunktionen kostenlos zur Verfügung stellen.
Während Procap Menschen mit Beeinträchtigungen unterstützt, darf die Stiftung Domicil nur im Raum Zürich agieren. Geht das Pilatusland also leer aus? Auf Nachfrage antwortet die SMG, dass sie keine konkrete Partnerschaft in der Zentralschweiz haben. «Wir sind Bezug auf das Abonnement hinsichtlich der Zusammenarbeit mit weiteren gemeinnützigen Organisationen, welche Menschen in besonderen Lebenslagen bei der Immobiliensuche unterstützen, offen. Entsprechende Anlaufstellen können jederzeit auf Homegate oder Immoscout 24 zukommen», schreibt die Swiss Marketplace Group weiter.
Für den Mieterinnen- und Mieterverband ist klar: «Das Prinzip von ‹wer mehr bezahlt, kommt schneller zum Zug›, ist sicher das Gegenteil von sozialer Verantwortung übernehmen», sagt Daniel Gähwiler abschliessend.
Hast auch du Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche erlebt? Schreibe es uns in die Kommentare!