Zentralschweiz
Luzern

«Szene esch Luzern»-Administrator im Interview

Joni erklärt

Szene esch Luzern-Administrator: «Selbst schuld, wenn du dummes Zeugs machst.»

Marcel Jambé, Jonathan Ernst, 2. November 2024, 11:46 Uhr

Quelle: Jonathan Ernst

«Szene esch Luzern» postet auf Instagram Videos aus Luzern. Dabei handelt es sich aber nicht etwa um schöne Szenerien mit dem Pilatus im Hintergrund, sondern um eher unschöne Szenen. Wir konnten mit einem der beiden Administratoren über seine Tätigkeit sprechen.

Wenn Luzern «Szene ist», dann ist dort etwas los. Das war der aktuelle Stand des Jugendslangs zumindest während der Coronapandemie. Das hat einen Basler damals dazu veranlasst, seinen Instagramprofil «Szene isch Basel» zu nennen. Kurze Zeit später folgten Accounts wie «Szene isch Züri» oder «Szene esch Luzern».

Wenn etwas «voll die Szene» ist, kann es auch bedeuten, dass gerade etwas Unschönes passiert. Dies beschreibt wohl am besten, was «Szene esch Luzern» auf seinem Instagram-Kanal hauptsächlich bietet. Randständige in unvorteilhaften Situationen, junge Erwachsene, die sich prügeln oder brennende Busse sind auf dem Kanal zu finden.

Inzwischen befinden sich auf dem Luzerner Account fast 550 Beiträge, hauptsächlich aus der Stadt Luzern. Damit hat dieser in der Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen in den Medien gesorgt. Unter anderem auch darum, weil die Videos ohne Zustimmung der betroffenen Personen hochgeladen werden.

Betrieben wird «Szene esch Luzern» von zwei jungen Erwachsenen, die anonym bleiben wollen. Der eine postet hauptsächlich die Videos, der andere Storys und Promoaktionen. Sie stellen klar, dass sie in keinem Fall den Leuten schaden wollen. Was ihr Qualitätsanspruch ist, und wie sie mit Fake News umgehen, erzählt einer von den Administratoren im Interview.

Was hat sich in letzter Zeit auf eurer Seite verändert? Inwiefern seid ihr vorsichtiger mit Content posten geworden?

«Früher haben wir alles quasi blind hochgeladen, ohne auf Richtlinien zu schauen. Heute achten wir darauf, dass die Inhalte grösstenteils gewaltfrei sind. Wir bekommen oft heftige Videos zugeschickt. Beispielsweise erhielten wir ein Video von einem 12-jährigen Kind, das von einem Hausdach eines sechs Meter hohen Gebäudes fiel und sich dabei beide Beine brach. Dort haben wir uns auch entschieden, dies nicht zu posten.»

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Letztens gab das Video eines SBB-Mitarbeiters zu reden, der einen Mann verprügelt hatte. Habt ihr das gelöscht?

«Das Video wurde aufgrund von Richtlinien-Verstössen gemeldet und von Instagram selbst gelöscht.»

Warum verpixelt ihr auf den Videos die Personen nicht?

«Wir könnten die Personen verpixeln. Aber wir sind auch ein bisschen faule Säcke und halten das ganze Projekt so einfach, wie möglich. Wir leben auch nach dem Prinzip: Wenn du dummes Zeug in der Öffentlichkeit machst und dabei gefilmt wirst, bist du selbst schuld.»

Wurden schon rechtliche Schritte gegen euch eingeleitet?

«Wir bekamen viele Androhungen. Aber konkrete rechtliche Schritte wurden noch nie gegen uns eingeleitet.»

Bei welchem Fall wurdet ihr schon mit rechtlichen Konsequenzen gedroht?

«Es gab ein Video von einem Moshpit, bei dem ein junger Mann eine Frau brutal auf den Boden geworfen wurde. Danach meldete sich der Anwalt des Beschuldigten, dass wir das Video umgehend löschen sollen.

Danach haben sich auch viele Medien bei uns gemeldet. Diese fragen dann nach dem Ersteller des Videos, weil sie mit ihm über den Vorfall sprechen wollen.»

Euch ist aber bewusst, dass ihr euch damit rechtlich strafbar machen könnt?

«Das ist uns klar. Aber wenn jemand sich meldet, weil er auf dem Video zu sehen ist, löschen wir das ohne zu zögern. Rund 80 Prozent aller Videos haben wir inzwischen wieder gelöscht.»

Ein anderer Fall war beim Zürcher Hauptbahnhof. Da wurden Bilder von einem angeblichen Tötungsdelikt auf «Szene isch Züri» gepostet. Die stellten sich aber als «Fake News» heraus. Kann euch das auch passieren?

«Ja, auf jeden Fall. Wir hinterfragen nicht, was der Hintergrund des Videos war, sondern laden es schnell hoch. Klar verbreiten wir nicht einfach so Falschinformationen. Aber wir können nichts garantieren. Wir haben mal in einer Instagram-Story vor einem Pädophilen gewarnt, dort haben wir auch abgeklärt, ob dieser Input wirklich stimmt. Von einer Quelle haben wir erfahren, dass dies auch wirklich passierte.»

Wie sieht die Entwicklung eures Kanals aus? Wächst ihr noch weiter mit der Followerzahl?

«Aktuell ist es extrem. Wir wachsen so schnell wie noch nie – innerhalb von zwei Tagen haben wir 2000 neue Follower gewonnen.»

Inwiefern seid ihr in Kontakt mit anderen «Szene ish...» Kanälen?

«Früher haben wir noch hin und her geschrieben, jetzt nicht mehr. Ich bin auch der Meinung, dass der Zürcher Kanal ziemlich abgegeben hat. Sie «reposten» mehr, als dass sie eigenen Content bringen. Sie haben auch schon Videos von unserem Kanal geklaut, weil es bei uns viral ging. Wobei ich sagen muss, dass wir auch schon Content aus anderen Regionen genommen haben.»

Willst du sonst noch etwas sagen?

«Ja: Wir wollen niemanden verletzen. Wir haben gegen niemanden irgendetwas. Wir posten zwar Videos, die grenzwertig sein können, aber wir wollen niemanden blosstellen deswegen.»

*Name der Redaktion bekannt.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 2. November 2024 11:46
aktualisiert: 2. November 2024 11:46