Clan-Streit Geuensee: Verteidiger sieht bei Opfer von Tötungsdelikt Selbstverschulden
Um ihre Argumente zu untermalen, wurde während des Prozesses mehrmals auf das Videomaterial der Geuenseer Tankstelle sowie der gegenüberliegenden Autowerkstatt verwiesen. Doch auf diesem ist der Kampf angeblich nur bruchstückhaft zu sehen.
Einig ist man sich darüber, dass die gescheiterte Geschäftsbeziehung rund um eine Trienger Bar Ursache für den Kampf war und dass das Schlichtungsgespräch an der Tankstelle friedlich verlaufen war. Aus ungeklärten Gründen eskalierte die Situation jedoch, und eine Person wurde getötet.
Video zum Prozess-Start:
Das 20-jährige Opfer war laut Staatsanwaltschaft nicht in den Streit involviert, sondern als Verstärkung aufgeboten. Ein Verteidiger der Gegenpartei sprach von «Selbstverschulden», indem es sich an einer kriminellen Angelegenheit beteiligt habe. Auch argumentierte er, das Opfer habe in der stressreichen Situation das Messer nicht gesehen und «tragischerweise» zu spät abgebremst. Diese Argumentation betitelte die Anwältin der Privatkläger – der Verwandten des Opfers – als «lebensfremd».
Verteidiger plädiert auf Notwehr
Für den Hauptbeschuldigten forderte die Staatsanwaltschaft 14,5 Jahre Haft sowie einen Landesverweis von 15 Jahren. Er soll das Opfer mit einem Stich ins Herz getötet und weitere Personen verletzt haben. Laut Verteidiger hat das Opfer dem Beschuldigten kurz davor ins Gesicht geschlagen. Er plädierte auf Notwehr. Dessen jüngerer Bruder soll einem Beteiligten mit einem Holzstock den Schädel gebrochen haben. Für ihn werden fünf Jahre Haft und ein Landesverweis von zehn Jahren gefordert. Der Verteidiger bestritt den Schlag.
Für deren Neffen wurde eine bedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten gefordert. Er soll mehrere Beteiligte mit einem Schlauch attackiert haben. Die Verteidiger fordern für alle drei einen Freispruch.
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Verteidiger fordern Freispruch
Für den Schwager der Brüder – Direktbeteiligter der gescheiterten Geschäftsbeziehung – forderte die Staatsanwaltschaft eine bedingte Haft von acht Monaten, dessen Verteidiger den Freispruch. Sein Mandant habe den Verlust von 6000 Franken akzeptiert, seine Frau jedoch nicht. Diese machte sich mit ihrem Sohn auf zur Trienger Bar, um das Geld zurückzufordern. Als die Gegenpartei die Frau verscheuchte, habe diese mutmasslich mit ihren Brüdern gedroht. Die Gegenpartei drohte «ihr die Beine zu brechen», wenn sie nochmals herkomme.
Wegen ihrer Beteiligung wird von ihr mittels Strafbefehl eine Geldstrafe gefordert. Ihr wird vorgeworfen, massgeblich zum Vorfall beigetragen zu haben, indem sie ihre Verwandten nach Geuensee beordert hatte.
Geld- statt Freiheitsstrafe für Gegenseite
Auf der Gegenseite standen zwei Brüder zur Anklage. Der ältere Bruder war ebenfalls Direktbeteiligter der gescheiterten Geschäftsbeziehung. Er soll den Angriff mit einem Hammer in der Hand begonnen und mehrere Personen verletzt haben. Er selbst erlitt einen Schädelbruch sowie eine Schnittwunde am Hinterkopf.
Sein Verteidiger argumentierte, er habe seinen jüngeren Bruder schützen wollen. Die Gegenseite bestritt dies. Viel mehr unterstellte sie ihm, den Angriff ohne Grund begonnen zu haben und bescheinigte seinem Charakter grosses «Eskalationspotential». Für ihn und seinen jüngeren Bruder wurde von der Staatsanwaltschaft eine bedingte Freiheitsstrafe von 15 und 20 Monaten gefordert. Die Verteidiger forderten für die Brüder eine Geld- statt eine bedingte Freiheitsstrafe.
Beschuldigte bedauern Vorfall
In seinem letzten Wortbeitrag sagte der Hauptbeschuldigte aus, seine Trauer nicht in Worte fassen zu können. Er schwor, dass er nie jemandem habe Schaden zufügen wollen. Auch sein jüngerer Bruder äusserte Bedauern über die Geschehnisse. Er wünsche sich, dass alles nie passiert wäre.
Auf der Gegenseite brachte der mutmassliche Anführer der Gruppe vor, einen sehr guten Freund verloren zu haben. «Ich konnte mir vor zwei Jahren noch alles vorstellen, nur nicht, dass ich heute hier sitzen würde», sagte er.
Die Urteilseröffnung wird mündlich erfolgen.
(sda/red.)