Innerschweizer mit verhaltener Schwingsaison und Verletzungspech
Für das neutrale oder Berner Schwingerherz war es sicher ein schöner Anblick, als die beiden Berner Fabian Staudenmann und Fabio Hiltbrunner von ihren Schwingerkollegen als Doppelsieger in die Höhe gehievt wurden.
Verhaltener war die Freude wahrscheinlich bei den meisten Innerschweizer Schwingfans, war es doch der amtierende Schwingerkönig Joel Wicki, der im letzten Gang vom 19-jährigen Hiltbrunner überraschend auf den Rücken gelegt wurde. Der Berner erhielt dafür eine glatte 10 und stand schon vor dem Schlussgang als Festsieger fest. Fabian Staudenmann entschied dann noch den Schlussgang – ebenfalls mit einer 10 – für sich und so triumphierten in Appenzell am Schluss zwei Berner.
Verletzungspech der Innerschweizer
Bitter für die Innerschweizer war auch die Verletzung vom ISV-Schwinger Sven Schurtenberger. Adrian Walther bezwingt den Luzerner und noch bevor der Kampfrichter die Entscheidung bestätigt, geht Schurtenbergers Hand an sein Knie – sein Gesicht schmerzverzerrt. Die Bilder danach sind nur schwer anzusehen. Doch es war nur das letzte Kapitel in einer von Absagen geprägten Innerschweizer Schwingsaison.
Immer wieder gab es Absagen von Innerschweizer Hoffnungen für Schwingfeste. Schwingerkönig Joel Wicki beispielsweise fehlte am ersten Bergkranzfest der Saison auf dem Stoos. Dies wegen kleineren Blessuren. Unter anderem einer Handgelenkverletzung, die er sich vor dem Luzerner Kantonalen im Training zugezogen hat. Und auch das Nordostschweizer Schwingfest liess der Sörenberger sicherheitshalber aus.
Auch Pirmin Reichmuth musste mehrere Schwingfeste gesundheitsbedingt sausen lassen. Gleich das erste Kantonale der Innerschweiz in Cham verpasste der Lokalmatador. Zudem sagte er das Bernisch Kantonale vor gut zwei Wochen ab, da er seit längerem an Überlastungserscheinungen am Knie leide.
Wie wichtig es ist, fit zu bleiben, weiss der Zuger Schwinger Marcel Bieri, der diese Saison verletzungsfrei überstand: «Wenn du gesund bleibst, kommt die Leistung meistens von alleine.» Die letzten Jahre hatte Bieri immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Mit zwei gewonnen Teilverbandskranzfesten war es für ihn ein gutes Jahr, doch er weiss auch: «Eine so gute Saison wie jetzt, ich weiss nicht, ob ich das nochmal haben werde.»
Hoch und Tiefs
Ein weiterer Innerschweizer Eidgenosse hatte diese Saison Hochs und Tiefs: Marcel Bieri. Er gewann das ISAF in Menzingen und als Ersatzschwinger das Nodostschweizer Schwingfest und holte sich den Kranz auf dem begehrten Weissenstein.
Doch auch er wurde von Verletzungen gebremst. Er musste den Brünig-Schwinget danach wegen Beschwerden am Bein absagen. Es zeichnete sich also bereits während der Saison ab, dass der ISV wahrscheinlich nicht der erfolgreichste Verband dieser Saison werden wird. So ist es nun auch. Die Innerschweizer reihen sich mit acht Siegen hinter dem Nordostschweizer (13 Siege) und dem Berner Teilverband (elf Siege) ein.
Siegreichster Schwinger kommt aus Bern
Auch beim Blick auf den siegreichsten Schwinger der Kranzfestsaison kommt «erst» auf Platz drei ein Innerschweizer. Joel Wicki konnte drei Kranzfeste für sich entscheiden: Das Zuger Kantonale, das Ob- und Nidwaldner Kantonale und sein Heimkantonales in Hasle.
Quelle: Tele 1
Der Erstplatzierte holte sich jedoch gleich doppelt so viele Siege wie Wicki. Sechsmal durfte sich der Berner Fabian Staudenmann als Sieger eines Kranzfests schultern lassen. Der 24-Jährige aus Guggisberg teilte sich nicht nur den Festsieg mit Samuel Giger auf der Schwägalp, sondern gewann zuvor der Reihe nach auch das Mittelländische, das Oberländische, auf der Rigi, das Oberaargauische und das Berner Kantonale. Werner Schlegel folgt in diesem Ranking mit vier Siegen auf Platz zwei.
Dass es Staudenmann war, der dann auch in Appenzell feiern durfte, kommt also nicht von ungefähr. Die Berner waren 2024 aber nicht nur bei den Festsiegen besser als die Innerschweizer.
Wer gewann am meisten Kränze?
In der für die Schwinger relevanten Statistik der Kranzgewinner schwangen nicht die Dominatoren obenaus, sondern eher Vertreter der zweiten Garde – allerdings auch von den beiden dominierenden Verbänden aus Bern und der Nordostschweiz. Matthieu Burger (BKSV) und Domenic Schneider (NOSV) sicherten sich je zehn Kränze. In den Jahren ohne Eidgenössisches Fest (in diesen gibt es einen Kranz weniger zu gewinnen) hatte in den letzten Jahren jeweils maximal ein Schwinger diese Marke geknackt: Kilian von Weissenfluh (2019) und bereits einmal Schneider (2021).
Ist der ISV in einer Krise?
«Es braucht noch ein paar Anpassungen, das ist so», sagt der Technische Leiter beim ISV, Stefan Muff. Mehr Durchschlagskraft im ganzen Team ist, was die Innerschweizer laut ihm brauchen. «Zusammenstehen, zusammenbleiben und noch härter kämpfen», so die Devise. Alles negativ zu sehen, wäre aber falsch, so Muff. Man sei das Team am Aufbauen und dieser Prozess brauche Zeit, dem müsse man sich bewusst sein.
Dass es am Eidgenössischen Jubiläumsschwingfest in Appenzell keine einfach Aufgabe für die Innerschweizer werden würde, war also absehbar. Deshalb hält sich die Enttäuschung wohl auch in Grenzen. Jetzt gilt es, den angeschlagenen und verletzten Innerschweizern eine gute Besserung zu wünschen, sodass 2025, wenn das ESAF in Glarus auf dem Programm steht, wieder ein Jahr für den ISV wird.