Positives Signal für Sportchef Meyer: FCL-Talente zeigen riesiges Potenzial
Die Luzerner Gala gegen den FCZ wirft eine polemische Frage auf: Darf man sich in Zukunft insgeheim darüber freuen, wenn ein erfolgreicher FCL-Spieler – mit Ausnahme von Max Meyer und Ardon Jashari – eine Sperre absitzen muss? Die Antwort seit diesem Samstagabend: Ja, man darf. Und das ohne schlechtes Gewissen.
Warum? Wegen Sperren gegen Ismail Beka, Denis Simani, Mohamed Dräger und Martin Frydek ist fast die Stammverteidigung des FC Luzern auf die Tribüne verbannt worden. Der zweite Anzug der Luzerner musste her – das sind die im Verein ausgebildeten Aussenverteidiger Leny Meyer (18 Jahre alt, mit seinem 4. Einsatz in der Super League), Severin Ottiger (19-jährig, auch mit bisher 4 Einsätzen) und Innenverteidiger Luca Jaquez (auch 19, 7 Einsätze). Angeleitet wurden sie von Abwehrpatron Marco Burch, trotz bereits 77 Meisterschaftsspielen selbst erst 22 Jahre alt.
Und es sollte noch schlechter kommen: In der Startphase des Spiels fiel auch noch Luca Jacquez wegen Schwindelanfällen aus. So kam Mauricio Willimann (20), der nicht unbedingt den Gardemassen eines zentralen Abwehrspielers entspricht, aber der Captain des in der Promotion League für Furore sorgenden Spitzenreiters FCL ist, zu seiner Premiere in der Super League. Und was passiert? Zur Verblüffung der über 14'200 Zuschauer in der Swissporarena sitzt der zweite FCL-Anzug wie massgeschneidert.
Sportchef Meyer kann den FCL neu entwerfen
Willimann fügte sich in die Abwehrarbeit ein, als wäre das eine Selbstverständlichkeit. Als gäbe es nichts Leichteres in der Welt des Profi-Sports. Meyer und Ottiger bearbeiteten die Aussenbahnen. Sie setzen dank ihrer Technik offensive Akzente und sorgen trotzdem für defensive Aufräumarbeit. Und das mit einer Energie, die selbst nach gut 90 Spielminuten unerschöpflich schien.
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.
In einem Spiel, in dem wohl jedem FCL-Fan das Herz im Leibe hüpfte, holten die Luzerner Jungspunde den erst vierten Heimsieg der laufenden Saison. Seit fast einem Jahr, seit dem 8. Mai 2022 gegen Servette (4:0), haben die Luzerner nie mehr vor eigenem Publikum in dieser Deutlichkeit gewonnen.
Aber was heisst das nun für die nahe Zukunft des Vereins? PilatusToday hat keine Glaskugel, um den Ausgang dieser engen Meisterschaft zu prognostizieren.
Sicher ist nur eines: Dieser Samstagabend wird FCL-Sportchef Remo Meyer im Gefühl bestärken, dass er das Aushängeschild der fussballerischen Zentralschweiz auf dem Reissbrett neu entwerfen kann. Den Vater von Leny Meyer wird ab sofort auch wahrscheinlich niemand mehr dafür schlecht reden, dass der FCL dem Sohn des Sportchefs und Grosstalent am Anfang dieser Saison eine Chance für eine Profikarriere eröffnet hat. Seine Technik, seine Ballsicherheit, sein Durchsetzungsvermögen – seine Entwicklung ist umso imponierender, als dass der 18-Jährige seit Anfang September 2022 und dem 0:2 gegen Servette keinen Einsatz von Beginn weg mehr bestritten hat.
FCL-Kader bietet trotz Investitionen Sparpotenzial
Die Jahrgänge 2002, 2003 und 2004 im FCL haben in der Spitze so viel Qualität, dass sie das sportliche und finanzielle Wohl des FC Luzern in diesem Jahrhundert massgeblich beeinflussen können. Dies erst recht vor dem Hintergrund, dass Transfererlöse der Sauerstoff für das Geschäftsmodell der Luzerner sind.
Für Remo Meyer ist diese Ausgangslage Segen und Verpflichtung zugleich. Ardon Jashari und Max Meyer, die sich gegen den FC Zürich einmal mehr als das defensive und offensive Gewissen des FC Luzern entpuppten, hielten erneut das Team zusammen. Sie werden ihrem aktuellen Arbeitgeber bei einem Transfer im kommenden Sommer zurückhaltend geschätzte zehn Millionen Franken eintragen.
Um die zentralen Schaltstellen in dem von Mario Frick bevorzugten 4-4-2-System mit Raute nur schon einigermassen adäquat ersetzen zu können, muss der FCL einen schönen Batzen des sich anbahnenden Transfererlöses wieder investieren. Diese Herausforderung hat die Qualität, zu Remo Meyers Meisterprüfung zu werden.
Allerdings bietet der aktuelle FCL auch Sparpotenzial. Warum auf zugekaufte Spieler setzen und ihre Verträge verlängern, wenn das aus dem eigenen Nachwuchs herangezogene Personal genügend Alternativen zu günstigeren Konditionen bietet?
Sorgic oder Schürpf? Oder nun sogar beide?
Aber was ist mit den «Golden Oldies»? Auf der Luzerner Allmend hat sich in letzter Zeit das Gerücht verbreitet, dass nur einer der beiden 33-jährigen Offensivspieler Dejan Sorgic und Pascal Schürpf eine Vertragsverlängerung erhalten wird. Beide Verträge laufen im Sommer aus. Und beide haben beim ersten Saisonsieg der Luzerner über die Zürcher abgeliefert. Sorgic gelang, nach zwei aus aussichtsreicher Position vergebenen Chancen, mit einem strammen Schuss das 2:0. Zudem bereitete er das 3:1 vor. Vorkämpfer und Publikumsliebling Pascal Schürpf legte nach seiner Einwechslung zur Pause mit zwei Vorlagen nach.
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.
Man braucht kein Prophet zu sein, dass sie ihre Chancen auf einen Verbleib im FCL mit dem letzten Auftritt vergrössert haben. Zumal es so ist, dass Dejan Sorgic (6 Tore) aktuell der zweitbeste teaminterne Torschütze hinter Max Meyer (10) ist. Und Pascal Schürpf besitzt die seltene Gabe, mit seiner Persönlichkeit die Chemie eines Spiels zu verändern.
Sportchef Remo Meyer wird es nicht einfach haben, einen Abgang von Sorgic und Schürpf vor der Öffentlichkeit zu erklären. Dies vor dem Hintergrund, dass die Mehrheit seiner letzten Transfers zur Optimierung der Luzerner Durchschlagskraft in der Offensive kaum etwas beigetragen hat.
Noch braucht Frick alle im Kader
Was bleibt von dieser Götterdämmerung im FCL? Mario Frick, der im Aufwind befindliche Trainer, wollte selbstverständlich keine Schlüsse auf die unmittelbare Zukunft ziehen. Der Liechtensteiner braucht alle Spieler, egal welches Alters, im Boot, um das Optimum aus dieser Saison herauszuholen – notabene der ersten nach dem, in der Barrage und in allerhöchster Not, abgewandtem Abstieg von 2022.
Er drückte zwar seinen «Stolz» darüber aus, wie die FCL-Talente an diesem einzigartigen Flutlichtspiel performten. Aber gleichzeitig wollte Mario Frick auf eine entsprechende Frage von PilatusToday «keinen neuen Konkurrenzkampf im Team» ausrufen. Aus seiner Perspektive ist das verständlich: Die arrivierten Spieler standen an diesem unvergesslichen Samstag im April ausnahmslos und persönlich als Verlierer da – unter euphorischen Siegern auf dem Feld und der Tribüne.
Ihre Qualität und Erfahrung braucht der Luzerner Übungsleiter noch. Zumindest bis zum Ende der laufenden Saison. Im Wissen darum, dass der 4:1-Sieg gegen den FCZ nur eine Momentaufnahme war.